Elisabeth Musil und ihr Pferd "Beryl"

Elisabeth über ihre Ausbildung 

 

Ich habe immer auf die Ratschläge von anderen gehört. Egal ob es um Kommunikation, um Verletzungen, um Material oder um die Ausbildung meiner Pferde ging. Mit Freude gab ich die Verantwortung für meine Pferde aus der Hand, wann immer ich es wollte. „Fachleute“ haben sich für jedes Problem eingefunden. Und wenn es kein Problem gab, dann erfand ich eines. 

 

Bis zu dem Tag, als meine kürzlich gekaufte Haflinger Stute vor meinen Augen starb. Diese Bilder werde ich  nie vergessen können. Von diesem Zeitpunkt an, wollte ich die volle Verantwortung für meine Pferde übernehmen. Aber wie, wo ich doch so wenig über die Pferde wusste? Ich wusste viel über diverse Krankheiten, Hufprobleme, bunte Pferdedecken/-bürsten und über Pferderassen, aber kaum etwas über das natürliche Verhalten.

 

Als ich 5 Jahre alt war sah ich zum ersten Mal die Verfilmung von Walter Farley`s „Der schwarze Hengst“. Die Szenen völliger Einheit zwischen dem Kind und dem Hengst haben mich damals tief beeindruckt. Um ehrlich zu sein, ich habe diesem Traum, den ich als Kind hatte, in den vergangenen 15 Jahren viel zu wenig Bedeutung gegeben. Ich hielt eine Einheit zwischen Mensch und Pferd für vollkommen unerreichbar. Zumindest für mich, schließlich fehlte mir doch das Einfühlungsvermögen, das Händchen, das Wissen und das Talent. Ich dachte lange, dass nur besonders außergewöhnliche Pferde-Menschen zu einer echten Kommunikation mit Pferden in der Lage wären. Und auch nur mit außergewöhnlich intelligenten Pferden. Und zu diesem Kreis der Auserwählten zählte ich weder mich dazu, noch meine Pferde. 

 

Vor 5 Jahren kam Beryl in mein Leben. Beryl war damals 8 Jahre alt, war 2 Jahre zuvor kastriert worden und hatte eine mäßige Reitausbildung, dafür aber eine gute Fahrausbildung erfahren (so wurde es mir erzählt). In seinem Stammbaum finden sich diverse polnische Warmblüter und Vollblutaraber. Die ersten 3 ½ Jahre waren wir hauptsächlich im Wald unterwegs, nachdem er weder für Dressur ein Talent zu haben schien, noch für Western. Und wieder hörte ich gern auf die Ratschläge von anderen. Dazwischen versuchte ich mich immer wieder im NHT weiterzubilden, allerdings ohne nennenswerte Ergebnisse. Ihm war langweilig und ich hatte offenbar das meiste, das diverse Trainer mir beibringen wollten, nicht verstanden. Dass unser Ergebnisvakuum eventuell meine Schwäche sein könnte, kam mir nicht in den Sinn.

 

Mittlerweile war ich richtig verzweifelt mit meinem Pferd. Er war  verspannt, das Training machte keine Spaß und nichts konnte wirklich helfen. Schließlich entschloss ich mich, ihn umzuziehen. Ich brachte ihn nach Wien (wo ich unter der Woche arbeite) um mehr Zeit für ihn zu haben. Dort lernte ich wunderbare Menschen kennen, unter anderem einen Westerntrainer. Mit ihm hatten wir einige interessante Unterrichtseinheiten, zum ersten Mal lernte ich Reitunterricht ohne Drill kennen. Andi war grundsätzlich sehr menschlich und hatte ein unglaubliches Verständnis für Pferde. Und: er konnte mir die Dinge so erklären, dass ich sie verstehen konnte. Nachdem Andi ein paar Monate später mit seinen Pferden in die Steiermark übersiedelt ist, habe ich mein Pferd wieder ins Waldviertel in meinen alten Stall umgezogen. Und das war gut so, denn dort lernte ich Susan kennen.

 

Anfang 2007 hatten sie, eine weitere Freundin und ich, unseren ersten Workshop bei Sieglinde Aumayer. Ich war ENTRÜSTET. Alles, was ich über das Training meines Pferdes wusste, hat Sieglinde binnen einer Stunde buchstäblich weggefegt. Ich wollte nicht glauben, dass alle Trainingseinheiten die mein Pferd aufgrund seiner Rückenprobleme absolvieren musste, wenig bis gar nicht sinnvoll gewesen sein sollten. Aber meine Freundin Susan war hartnäckig, also hatten wir 6 Wochen später unseren zweiten Workshop bei Sieglinde. In dieser Zeit konnte ich mir das Level I Package ansehen, mir meine Gedanken machen, und ließ mich freiwillig auf einen kleinen Wettbewerb (nur in meinem Kopf!) mit Susan ein. Meinem Pferd ging es immer besser, er hatte eindeutig Spaß beim (ich nannte es immer noch) Training und ich hatte ein Programm, an das ich mich halten konnte. Seinem Rücken ging es allerdings nur mäßig besser, ich machte mir nach wie vor Sorgen um mein Pferd. Dann wurde Borreliose bei ihm diagnostiziert. Endlich kannte ich den Grund für seine verspannte Muskulatur. Die Therapie schlug bestens an, aus dem Wort „Training“ war mittlerweile „Spielstunde“ geworden. Und ich traute mich endlich wieder, mein Pferd ohne schlechtes Gewissen zu reiten.

 

Mittlerweile hatte ich auch Workshops mit Michi Grohmann und bin mitten im Level II. Und ich nehme Beryls und meine Fortschritte sehr ernst. Ernst im Sinne von wichtig und sinnvoll – für seine und meine Entwicklung, mental und körperlich. Für mich sieht es mittlerweile so aus, als wären Verständnis, Wissen über die Natur und Geduld (auch mit mir selbst!) wesentlich wichtiger, als ein vielleicht vorhandenes außergewöhnliches Talent für Pferde. Keine Ahnung, ob ich dies habe oder nicht, ist wie gesagt nicht mehr so wichtig für mich. Wichtig ist, dass ich endlich in der Lage bin, zu verstehen, warum mein Pferd zB seinen Kopf zu mir, oder von mir weg dreht. Oder warum er plötzlich wie angewurzelt stehen bleibt, obwohl er schon 1000 Mal an diesem Baum vorbeigegangen ist. 

Endlich bin ich bereit, die Verantwortung wirklich zu tragen. Weil ich jetzt keine Ratschläge mehr annehmen muss, sondern in der Lage bin, selbst zu erkennen, wann ich Hilfe und Bildung benötige, und wann ich einfach ein wenig geduldiger und kreativer sein muss.

 

Thank you Pat & Linda for the program, thank you Susan for your persistency, thank you Sieglinde and Michael for your patience and your knowledge and thank you Beryl for every single moment! 

 

Elisabeth Musil